Von Felsbrocken, Müllsäcken und anderen unheimlichen Dingen

Baldur ist ein wahrer Musterschüler!

 

Ja, ich weiß, der eigene Hund ist immer der Schönste, Klügste, Tollste. Aber da wir keinen direkten Vergleich haben, bitte ich euch um Nachsicht, dass wir ein kleines bißchen stolz auf unseren Baldur sind.

 

Auf jeden Fall ist er sehr aufmerksam, lernt unglaublich schnell und hat einige Grundkommandos schon richtig gut drauf:

 

Auf seinen Namen „Baldur“ hören

„Sitz“

„Schau“ (Aufschauen und Aufmerksamkeit auf den Zweibeiner richten)

„Pipi“ (Wirklich Gold wert, wenn wir nachts schlaftrunken den Pinkel-Prozess beschleunigen wollen)

„Hier“ (Wenn es Futter gibt, das erleichtert später den Rückruf)

Körperpflege, Bauchi mit Waschlappen waschen lassen und Augen, Ohren, Maul kontrollieren lassen

Besuche empfangen von Erwachsenen oder Kindern und dabei ein Traumhündchen sein

Bindungsspaziergang mit seinen Zweibeiner

Normaler Spaziergang. Er kann schon an der Leine neben einem laufen, aber wenn es doch zu interessant wird, zieht er wieder wie ein Wilder vorwärts. Vor allem auf dem Heimweg. Also heißt es stehen bleiben und warten, bis er sich besinnt. Ein Schritt weiter, stehen bleiben, und das jetzt gefühlt 100 Mal bis wir zu Hause sind.

Okay, den letzten Punkt sollten wir bei "hat er schon richtig gut drauf" besser streichen.

Beim Thema Spaziergang musste er erst noch lernen, dass Pipi machen außerhalb unseres Gartens absolut okay ist. Während der ersten Spaziergänge verklemmte er sich jegliches Geschäftchen, um sich dann bei der Rückkehr schnell und voller Ungeduld, in unserem Garten zu erleichtern. Er war ein richtiges, kleines Heimscheisserchen. Aber ein sehr süßes!

Mittlerweile klappt es in der rauen und gefährlichen Wildnis der Fellbacher Vorgärten aber schon ganz prima.

Bei den Kommandos Sitz, Schau und Platz war es übrigens ähnlich:

Zuhause klappte es inzwischen super. Manchmal machte er schon Sitz, bevor ich es dachte.

Außerhalb des Gartens war aber so viel zu schauen und zu riechen, da konnte er sich einfach nicht konzentrieren. 

 

Natürlich ist Baldur ein ganz normaler Hund und nicht alles klappt gleich gut.

Beim Thema „Im Notfall auf Pinkelunterlage Pipi machen“ sind wir echt gut unterwegs. Wenn es gar so viel Spaß macht zu spielen und man völlig vergisst, dass man auch ein Bläschen hat, kann es schon nochmal passieren, dass ein Pfützchen daneben geht.

Aber nicht schlimm:

Da kommt schon das freundliche Putzpersonal mit Toilettenpapier und Lappen angesaust und das kleine Malheur ist vergessen. 

Mittlerweile hält er 4-5 Stunden aus und verschafft uns dadurch ein volleres Mützchen Schlaf.

 

„Nicht mehr kneifen und beißen“. 

Das war und ist bis jetzt eines unser schwierigsten Unterfangen.

Uih, da hat sich der kleine Hund bisher konsequent jeglichem Erziehungsversuch verweigert.

Schließlich hat er das Beißen in allen Variationen im Spiel mit seinen Geschwistern und den beiden großen Hunden, Mama und Schwester, extra fleißig geübt, um in der großen weiten Welt gut zurecht zu kommen. 

Und dann bekommt ausgerechnet er zwei Zweibeiner, die das nicht zu schätzen wissen?

Wie? Aufhören zu beißen?

Ohne mich! Ich spiel doch nur!

Wie wärs, wenn ihr mal mitspielt! 

Frauchen scheint besonders begriffsstutzig zu sein. Ob ich mir mal ihren Jackenärmel schnappe? Findet sie auch nicht lustig! Ich verstehe die Zweibeiner manchmal echt nicht: Langweiler! Ist doch ein so ein lustiges Spiel.

Und Frauchen sagt immer wieder dasselbe Wort: „Nein“. Boah, nervend.

Neuer Versuch: Happ, happ, nochmal schnappen. 

So geht es immer, wenn man ihn streicheln oder begrüßen möchte.

Er knabbert, kneift und wenn er in Fahrt kommt, spürt man auch die spitzen kleinen Zähnchen.

Wir arbeiten daran, aber noch sind wir nicht überm Berg.

 

Achtung aus aktuellen Gründen eine kurze Liveschaltung in unser Wohnzimmer: 

 

Baldur hat gerade meine kleine, gelbe Tupperschale vom Couchtisch gemopst und ist damit mit hochgerecktem „Ich bin stolz auf mich – Schwanz“ in Richtung Küche getrabt. Grundsätzlich ja keine so schlechte Idee sie dorthin zu bringen. Auf halber Strecke befand er jedoch plötzlich das Sideboard als hervorragend geeignet, um das Diebesgut schnell und sicher darunter zu verstecken. Zu sicher für kleine Hunde. Das Döschen kippte unter dem Sideboard auf die offene Seite und Baldur konnte sie nicht mehr mit der Schnauze greifen. Je mehr er es versuchte, desto tiefer rutschte sie unter das Sideboard. 

„Böse Tupperschale, böse! Dich bell ich doch gleich mal an, damit Du zur Vernunft kommst.

Und damit Du dummes Schälchen das auch wirklich kapierst, setze ich vorsorglich gleich mal die volle Stimmgewalt eines kleinen Schäferhundes ein. Und glaub mir, Schälchen, ich kann richtig gut und laut bellen. Wirst schon sehen!“ 

Ich denke, unsere Nachbarn wissen nun alle, dass, zum Missfallen unseres Baldurs, eine kleine, gelbe Tupperdose hartnäckig Widerstand bietend unter dem Sideboard klemmt und sich dabei in keinster Weise bewusst ist, welch große Schuld sie auf sich geladen hat.

  

Zurück zum Beißen:

Wir geben nicht auf, das ganze abzustellen. Gemildert haben wir es schon. Oftmals legt mir das einst rebellische Beißhündchen morgens zur Begrüßung seine Schnauze sanft in die Hände und lässt sich unterm Kinn kraulen. Und so langsam keimt in mir die Hoffnung, dass er das wirklich gelernt hat. Kann er ruhig öfters machen.

„Erste kleine Spaziergänge“: 

Klappt prima. Zumindest, wenn man mit der Laufgeschwindigkeit einer Weinbergschnecke zufrieden ist. Alles wird beschnuppert, alles ins Mäulchen genommen und innig darauf rumgekaut. Seltsamerweise reagiert er prompt auf ein kurzes „Bäh“, wenn er sich einem Tempotaschentuch, irgendwelchem Papier oder weggeworfenen Abfall von McDonalds nähert. Das „Bäh“ war ein spontaner, unbedachter Ausruf von mir, ja, ich weiß, wie bei Kleinkindern, aber es wirkt. Was soll ich sagen: der Zweck heiligt die Kommandos. 

 

Auf unserem ersten Spaziergang rund um die Häuser gab es die erste Begegnung der dritten Art für Baldur. In einer Einfahrt lag was Großes, Unbewegliches, Mächtiges, Angst einflößendes und oh Schreck, da lagen noch drei weitere von diesen Dingern. Baldur verteidigte unsere Leben mit kräftigem Bellen und tatsächlich, die Dinger wagten nicht, sich auch nur einen Millimeter zu bewegen.  Wie auch, es waren nur vier große Steine, die die Hofeinfahrt markierten. 

 

Bei unserem dritten Spaziergang in den Weinbergen, nahe unserem Garten, begegneten wir gelben, unförmigen Wesen, die reglos vor einem Haus standen. Nur unter gutem Zureden brachte Baldur den Mut auf, im Schutze unserer Körper, vorsichtig daran vorbei zu schleichen. In sicherer Entfernung von weiteren drei Metern, entschied Baldur sich den Gegenangriff zu starten. Diesen gelben Dingern muss ja mal jemand gehörig die Meinung bellen. Da kann ja jeder kommen und einfach mal hier blöd in gelben Regenklamotten in der Gegend rumstehen, wenn andere spazieren gehen wollen. Hätte ich bloß daran gedacht ein Foto zu machen! Klein Baldur im großen Kampf mit zwei gelben Säcken, die vor dem Haus auf die Abholung durch die Müllabfuhr warteten. 

Wir schlafen zwischenzeitlich viel besser und länger, seit Baldur nachts nur noch ein oder zwei Mal raus muss. Das finde ich wirklich sensationell.

Derzeit liegt er nachts unter dem Sofa und da ich momentan noch bei ihm im Wohnzimmer schlafe, höre ich sofort, wenn die Marke an seinem Halsband leise klappert und er unruhig wird.

Dann heißt es schnell anziehen und schon stehen wir im Garten. Ein leises Kommando „Pipi“ und er macht sein Geschäftchen. Schnell wieder rein, der eine unter die noch warme Bettdecke, der andere robb, robb, robb wieder unters Sofa und dann schlafen wir nochmal 2-3 Stunden. Das lässt sich aushalten. 

 

Ihr fragt, warum er unter dem Sofa schläft? 

Die Katzen schleichen nachts in der Wohnung herum und sie beschnüffeln ihn immer mal wieder neugierig. Das ist zwar nett und völlig ungefährlich für ihn, denn beide sind sehr vorsichtig und zeigen keine aggressiven Tendenzen. Aber wer lässt sich schon gern im Schlaf von Stubentigern beschnüffeln. Unter dem Sofa ist er sicher, da die Katzen die oberen Etagen bewohnen: Sofa, Sideboards, Kratzbaum. 

Ich bin gespannt, wie lange er sich noch darunter quetschen kann, denn er wächst wirklich extrem schnell. Morgens kommt er bereits mit Hängeohren herausgekrabbelt, denn die kann er dort unten schon nicht mehr aufstellen. 

Aber keine Sorge, sobald er raus gerobbt ist, stellt er sie sofort wieder auf. 

Baldur hatte schon Besuch von meinen Eltern, von unserem Freund Axel, von meiner Schwester und von Luka, dem kleinen Sohn unserer Nachbarn. Auch vierbeinige Freunde lernte er kennen. Maja, die öfters zu uns zu Besuch ins Haus kommt. Er fand sie, glaube ich, ganz nett. Vielleicht liegt es daran, dass sie noch so groß ist wie er. Wenn er allerdings so weiterwächst, hat sich das recht bald erledigt.

Heute habe ich es gewagt alleine mit Baldur Auto zu fahren.

 

Zuvor musste ich aber noch die schwarze Mülltonne, die nach der Abfuhr noch auf dem Gehweg stand, in die Garage bringen. Rechte Hand Hund, linke Hand Tonne. Es klappte genau so lange super, bis Baldur bemerkte, dass uns da was Schwarzes begleitet. Er stoppte abrupt und fing sofort an das Ungetüm anzubellen. Okay, das verstehe ich: ich habe euch aneinander nicht vorgestellt. „Baldur – Mülltonne. Mülltonne – Baldur.“ Ich kippte sie langsam zu Boden und ließ ihn reinschauen, schnüffeln (alle Wohlgerüche der Wohlstandsgesellschaft) und klappte dann den Deckel wieder zu. Alles okay, vermeldet Baldur und Tonne ist nun ein akzeptierter Teil der Familie.

 

Im Auto kam Baldur gut angeschnallt in seine Hängematte auf den Rücksitz und ich rollte aus der Garage. 

Der Hund jault und fiept nicht! Ist er noch da? 

Doch da ist er und schaut mich verwundert an. Ja, Herzblatt, Tati fährt heute. Hab Vertrauen. 

 

Und so fuhren wir nach Fellbach Mitte. Sicherheitshalber warf ich ab und zu ein paar Leckerlis nach hinten in seine Matte. Die konnte er suchen und war schön abgelenkt, was mir eine angenehme und stressfreie Fahrt sicherte. Er fiepte vielleicht ein, zwei Mal, aber das war‘s denn auch. Und auf der Rückfahrt kein einziges Mal.

 

Ihr sagt jetzt sicher: Geht’s noch? Mit dem Auto? Das sind doch nur 14 Minuten Fußweg! 

 

Ja, schon, da habt ihr recht. Aber die Aufgabe ist, Geschäfte, Menschen, Fahrräder, Kinderwagen, Rollatoren, Lieferwagen, viele Autos von kreuz und quer kennenzulernen. Das reicht an Eindrücken, die verarbeitet sein wollen, für den ganzen Tag. Daher direkte Anfahrt ohne Schnüffelspaziergang, 15 Minuten Plaza-Gefühl und dann wieder zurück ins traute Heim zum Entspannen. Er fand Fellbach Mitte toll. Schaufensterscheiben, in denen man weiße Hunde sah. Unzählige alte, junge, große und kleine Menschen. Mal ohne und mal mit Handy. 

Baldurs Lauschangriff:

Hinter einem, auf einem Stein (Stein wurde übrigens nicht mehr angebellt!) sitzenden jungen Mann, der gerade telefonierte, blieb er schlagartig, wie einbetoniert, stehen. Ich versuchte ihn weiter zu locken: keine Chance. Baldur hatte tiefe Wurzeln geschlagen und starrte den Mann an. Selbst Leckerlis ignorierte er. Der Typ mit dem Handy war, warum auch immer, einfach zu faszinierend. Ich muss erklären: Wir standen nur etwa 1m entfernt im Rücken des jungen Mannes!! Ein frozen dog und ein lockend flüsterndes Frauchen. Der Typ spürte, dass da was hinter seinem Rücken vor sich ging und drehte sich plötzlich um. Er sah mich fragend, vielleicht sogar vorwurfsvoll an. 

 

„Äh sorry, wir sind das erste Mal in der Stadt und der Hund findet Dich und Dein Handy einfach zu toll. Ich höre Dir wirklich nicht zu. Aber ich krieg ihn einfach nicht weg von Dir. Noch nicht mal mit Leckerlis.“ 

 

Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie Baldur neben mir gemütlich aufsteht und in Richtung Auto loszockelt. Ein feiner Kumpel bist Du!

Ich grinse ihn verlegen an und zucke mit den Schultern. Er schaut Baldur nach, lacht und sagt: „Alles okay!“

Wie peinlich war das denn? Danke, Baldur. 

 

Ansonsten will jeder, aber wirklich jeder diesen Hund streicheln und das weiße Fell berühren.

„Oh, ist der süß“ „Darf ich den streicheln?“ „Den würde ich sofort mitnehmen!“ „Ja, was isch denn das für en netter Kerle?“

So arbeiten wir uns von Mensch zu Mensch vor. Für etwa 50 Meter brauchten wir abgesehen vom Handyman-Stop sage und schreibe 15 Minuten. Da waren Lieferwagenfahrer mit großen Paketen zu bestaunen, Menschen die Eis in der Hand hielten, eine Frau mit Rollator, eine andere mit Fahrrad, die sogar für Baldur klingelte, ein Mann mit einer Tüte Brötchen, schnüffel, schnüffel, was riecht denn da so verlockend. Hund stand und staunte. Direkt neben ihm fuhren Autos und LKWs zwar nur in Schrittgeschwindigkeit, aber Baldur machte das nicht viel aus. Einzig ein Ferrari mit röhrendem Auspuff weckte sein Interesse. Insgesamt ein fröhlicher, gechillter, neugieriger kleiner Hund, der die Ruhe weg hat.

Zu Hause angekommen musste er allerdings erstmal alles im tiefsten Hundeschlaf verarbeiten.

 

Dennoch muss ich zugeben, dass es heute wohl doch zu viele Eindrücke für ihn waren, denn abends war er, trotz langem Nachmittagsschlaf, plötzlich völlig überdreht. Wir hatten Mühe ihn zu beruhigen. Daher gab es heute einen sehr ruhigen Tag ohne Ereignisse. Nur ein neues Kommando haben wir kurz geübt: „Bleib“. Und nach einigen Wiederholungen konnte ich bereits 5 große Schritte rückwärts gehen und er blieb brav liegen. Super Hundi!!!

 

Morgen, Samstag, geht Baldur mit seinen 10 Wochen zum ersten Mal in die Welpenschule. 

In die Klasse für große Welpen und ihre Zweibeiner. Ganz zivil für Langschläfer erst um 10 Uhr. Hahaha, ein wirklich guter Witz, als ob wir seit 12 Tagen noch lange schlafen konnten!! Wir proben derzeit eher das Intervall-Schlafen und das auf 24 Stunden verteilt. Ich bin so gespannt, was für Hunde dabei sein werden und wie Baldur sich verhalten wird. 

 

Ich werde euch berichten!

 

Habt’s schön, ihr Lieben! 

 

 

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Kommentare: 6
  • #1

    Tina (Samstag, 06 März 2021 23:44)

    Oh man was für tolle Geschichten, ich hab Tränen gelacht, so hautnah geschrieben, ich hatte voll das Kopfkino bei den Steinen und den gelben Säcken, zu gut, aber auch alles andere, was für Erlebnisse, danke dass du das mit uns teilst es ist eine super Abwechslung.! LG Tina

  • #2

    Julo (Montag, 08 März 2021 09:37)

    Eine wirklich schöne Geschichte und wie ich sehe es wird nicht langweilig.Bitte weiter so�

  • #3

    Agnes (Montag, 15 März 2021 00:33)

    ... will auch haben... Auch ich habe Tränen gelacht. Bin schon mal auf die Welpenschule-Story so richtig gespannt. LG Agnes

  • #4

    Tati (Mittwoch, 17 März 2021 17:09)

    Liebe Tina, liebe Mama und liebe Agnes,
    ich danke euch für eure netten Kommentare. Ich freue mich, dass es euch gefällt. Und seid sicher, ich werde noch Einiges von Klein-Baldur zu erzählen haben. Da sorgt das Kerlchen schon dafür :-)
    Momentan wächst er über Nacht. Er schießt regelrecht in die Höhe. Zu Beginn kam er nur mit Mühe auf sein Bett, nun ist er mit einem Hops oben.
    Liebe Grüße an euch Drei;
    Tati

  • #5

    Ghl (Donnerstag, 18 März 2021 19:02)

    Freud und Leid liegen stets beieinander und das ein Hundeeben lang.

  • #6

    Tati (Mittwoch, 24 März 2021 19:01)

    Ja, Paps, das stimmt wohl. Aber ich hoffe, es wird am Ende mehr Freud sein. Ich glaube feste daran.